Die Ursprünge der israelischen Flagge
Im Jahr 1860 schrieb der jüdische Dichter Ludwig August Frankl: „Wenn erhabene Gefühle sein Herz erfüllen, hüllt er sich in die Farben seines Landes. Er steht im Gebet, umhüllt von einem funkelnden weißen Gewand. Die Säume des weißen Gewandes sind mit breiten blauen Streifen gekrönt, wie das Gewand des Hohepriesters, das mit blauen Bändern verziert ist. Dies sind die Farben des geliebten Landes, Blau und Weiß sind die Farben Judas; Weiß ist die Strahlkraft des Priestertums.“
Die bewegenden Worte aus „Judas Farben“ entstanden lange vor der Gründung des Staates Israel, enthalten jedoch viel von der Stimmung, die hinter der Nationalflagge steht, und sollen laut dem israelischen Historiker Alec Mishory einen Großteil der Inspiration dafür geliefert haben.
Die erste Version einer Flagge, die mit der zionistischen Bewegung in Verbindung gebracht wird, wurde laut der Encyclopedia Britannica 1891 von Jacob Askowith und seinem Sohn Charles entworfen. Das Design basierte ursprünglich auf dem traditionellen jüdischen Gebetsschal, bekannt als Tallit, wie Frankl beschreibt.
Der ursprüngliche Prototyp der Flagge hatte einen weißen Hintergrund und zwei blaue Streifen am oberen und unteren Rand. In der Mitte befand sich ein Davidstern, in dem die hebräischen Buchstaben für „Makkabäer“ standen. Dieses Design, das von Lena Harris aus Boston, Massachusetts, genäht wurde, wurde 1897 von Isaac Harris, einem Mitglied der zionistischen Gruppe Hovevei Zion, zum ersten internationalen Zionistenkongress mitgebracht. Theodor Herzl hatte jedoch andere Vorstellungen.
Theodor Herzl, der visionäre Begründer des modernen politischen Zionismus, spielte eine entscheidende Rolle bei der Schaffung der Grundlagen für die Gründung des Staates Israel. Sein Tagebuch aus dem Jahr 1895 enthält einen alternativen Entwurf mit sieben goldenen Sternen auf weißem Hintergrund, die die „sieben Arbeitsstunden” des Tages und das „neue und reine Leben” der zionistischen Bewegung symbolisieren.
Herzl ließ sich schließlich davon überzeugen, den Davidstern in sein Design aufzunehmen, und dieser wurde – zusammen mit der Inschrift „Aryeh Yehudah” (Löwe von Juda) im Inneren des Sterns – zur ersten Flagge der Bewegung.
Mishory berichtete, dass, als Herzls Entwurf keine Zustimmung fand, „Wolffsohn aufstand und sagte: ‚Warum müssen wir suchen? Hier ist unsere Nationalflagge.' Daraufhin entfaltete er seinen Gebetsschal und zeigte allen die Nationalflagge: ein weißes Feld mit blauen Streifen am Rand.”
Schließlich wich die säkulare humanistische Betonung des Arbeitskonzepts der spirituelleren Symbolik des Gebetsschals mit den Farben Weiß und Tekhelet Blau, einer in der Bibel erwähnten Farbe. Während einige Rabbiner Tekhelet (ein Hellblau) als Symbol für Gottes Wege betrachteten, heißt es in der Bibel selbst, dass die Quasten am Tallit Israel an Gottes Gebote erinnern sollen:
„Und der HERR redete zu Mose und sprach: Rede zu den Kindern Israels und sage ihnen, dass sie sich eine Quaste an die Zipfel ihrer Obergewänder machen, in ihren [künftigen] Geschlechtern, und eine Schnur von blauem Purpur an der Quaste des Zipfels befestigen. Und die Quaste soll euch dazu dienen, dass ihr bei ihrem Anblick an alle Gebote des HERRN denkt und sie befolgt, dass ihr nicht den Trieben eures Herzens nachgeht und euren Augen, denen ihr nachhurt; sondern dass ihr an alle meine Gebote gedenkt und sie tut und eurem Gott heilig seid.“ (4.Mose 15,37-40)
Der Davidstern wurde als Symbol der Einheit des jüdischen Volkes gewählt, doch seine Ursprünge bleiben bis heute rätselhaft.
Gershom Sholem, ein Gelehrter und Experte für Kabbala, stellte in seinem Buch The Curious History of the Six Pointed Star; How the 'Magen David' Became the Jewish Symbol (1949) (Die seltsame Geschichte des sechszackigen Sterns; Wie der ‚Magen David‘ zum jüdischen Symbol wurde) seine eigenen Ideen zur Einführung des Sterns vor.
Der Davidstern war in jüdischen Kreisen bis zum 18. Jahrhundert nicht weit verbreitet, und es gibt kaum Anhaltspunkte dafür, dass er vor dem Mittelalter überhaupt verwendet wurde. Die Flagge Israels repräsentiert somit sowohl das Alte als auch das Moderne sowie die biblische und kulturelle Erzählung der Geschichte Israels, die zu einem Ganzen verwoben sind.
Nach monatelangen Debatten – sogar nachdem Israel bereits gegründet worden war – wurde die Entscheidung getroffen und das Design offiziell bestätigt. Der Provisorische Staatsrat verkündete am 28. Oktober 1948 offiziell:
„Der Provisorische Staatsrat verkündet hiermit, dass die Flagge des Staates Israel wie folgt aussieht und beschrieben wird: Die Flagge ist 220 cm lang und 160 cm breit. Der Hintergrund ist weiß und darauf befinden sich zwei dunkelblau-hellblaue Streifen, 25 cm breit, über die gesamte Länge der Flagge, in einem Abstand von 15 cm vom oberen und unteren Rand der Flagge. In der Mitte des weißen Hintergrunds, zwischen den beiden blauen Streifen und in gleichem Abstand zu jedem Streifen, befindet sich ein Davidstern, der aus sechs dunkelblau-hellblauen Streifen mit einer Breite von 5,5 cm besteht, die zwei gleichseitige Dreiecke bilden, deren Grundlinien parallel zu den beiden horizontalen Streifen verlaufen.“
Jo Elizabeth interessiert sich sehr für Politik und kulturelle Entwicklungen. Sie hat Sozialpolitik studiert und einen Master in Jüdischer Philosophie an der Universität Haifa erworben, schreibt aber am liebsten über die Bibel und ihr Hauptthema, den Gott Israels. Als Schriftstellerin verbringt Jo ihre Zeit zwischen dem Vereinigten Königreich und Jerusalem, Israel.